Ludwig "Luggi" Leitner

Ludwig erblickte nach Reinhard als zweiter Leitner am 24.02.1940 in Mittelberg das Licht der Welt. Sein jüngerer Bruder Adalbert, der in Kanada lebt, machte das Dreigespann komplett.

 

Mit äußerst wenig finanziellen Mitteln, aber umso mehr Liebe, gelang es dem „Agethle“ (als Alleinerziehende Mama), die drei sportlichen und immer hungrigen Buben auf zu ziehen. Der Luggi, wie er später genannt wurde, konnte seinen Vater Reinhard (aus Stockach im Lechtal stammend) leider nie kennen lernen, er war 1943 im Krieg gefallen.

 

Schon im frühen Kindesalter faszinierte den kleinen Ludwig das Skifahren. Tag für Tag hatte er mit seinen Brüdern Spaß und Gaudi an der Halde hinterm Elternhaus. Mit unermüdlichem Eifer fuhren sie ab in die Gruaba und stiegen zu Fuß auf, immer und immer wieder, bis die Sonne unterging. Die Wende kam, als im Winter 1948 der Zafernalift den Betrieb aufnahm. Ludwig war vom ersten Tag an dabei und schon bald wurden die Einheimischen auf das große Talent aufmerksam.

 

Nach dem Besuch der Volksschule Mittelberg absolvierte er eine Lehre als Einzelhandelskaufmann bei der Ski Firma Sohler in Wangen, die ihn in den Wintermonaten auch zum Rennsport freistellte. Wenn es die Zeit erlaubte, verbrachte er mit viel Leidenschaft die Sommermonate auf der Alpe Zügen bei Baad.

 

Groß aufhorchen ließ Ludwig, als er mit 17 Jahren bei der WM in Badgastein den 6. Platz in der Abfahrt belegte, der Beginn einer großen Karriere. Nebenher und zwischendurch hatte der junge Mann natürlich auch andere Gedanken, und so lernte er in den frühen 60er Jahren seine Nachbarin Renate (Fritz) in der legendären Alpenrose näher kennen.

 

Der ehrgeizige Mittelberger bewahrte jedoch klaren Kopf und widmete sich trotzdem weiterhin seinem Hobby - und jetzt auch Beruf – dem Skirennsport. Alle namhaften FIS A Rennen (heute Weltcup) hat Luggi gewonnen und krönte (neben zwei Bronzemedaillen) seine Karriere mit dem Weltmeistertitel in der alpinen Dreierkombination 1964 bei der Olympiade in Innsbruck.

 

Nach diesem erfüllten Traum läuteten in der Pfarrkirche St. Jodok in Mittelberg am 21.11.1965 die Hochzeitsglocken. Im selben Jahr erbaute das frisch vermählte Paar das Hotel Luggi Leitner mit öffentlichem Restaurant. Schnell erkannte Renate, dass ihr Ludwig auf der Piste bedeutend mehr Talent zeigt, als hinter dem Schanktisch. Auch gehörte das Kassieren nicht unbedingt zu seinen gastronomischen Stärken, Freunde und Bekannte wurden meistens eingeladen, sein großzügiges Herz, wie auch seine Bescheidenheit, sind bis heute allseits bekannt.

 

Im Winter 1968 beendete Luggi im jungen Alter von 28 Jahren nach den Olympischen Spielen in Grenoble seine Karriere. Er widmete sich dem Hotel und vor allem der Familie, die durch die Geburt von Sandra am 1. Mai gekrönt wurde. Nachdem im Herbst 1972 auch noch der gewünschte Stammhalter Michael das Licht der Welt erblickte, war die Zeit gekommen, das öffentliche Restaurant zu schließen.

 

Fortan widmete sich Ludwig neben seinen Tätigkeiten in Familie und Haus mit immer größerer Begeisterung dem Werkstoff Holz. Maschinen wurden nach und nach angeschafft, bis die Garage zu einer Profischreinerei umfunktioniert wurde. Freunde und Bekannte, die zu Besuch kamen, waren aber nach wie vor willkommen, um eine Pause einzulegen. Besonders gerne wurde gehängert über Themen wie Alpwirtschaft, Viehzucht, „Gschichtle“ aus seinem bewegten Sportlerleben, aber auch heftige Diskussionen über Sport und Kommunalpolitik erhitzten mitunter die Gemüter. Bei einem Bierle und einer Zigarette wurde man sich jedoch schnell wieder einig.

 

In seiner Großzügigkeit konnte der Luggi fast nie nein sagen. So kam es durchaus vor, dass die wichtigsten und besten Maschinen über Wochen und Monate „im Verleih“ waren, obwohl er sie für eigene Arbeiten dringend benötigt hätte. Schließlich schreinerte der Weltmeister das Mobilar für die Gästezimmer nach seinen Entwürfen größtenteils selbst, Kassettendecken schnitzte Ludwig nach individuellen Motiven, gerne auch ´mal augenzwinkernd mit einer versteckten Botschaft.

 

Auch lange nach seiner sportlichen Karriere war der Bekanntheitsgrad noch enorm. Gerne stellte er sich und seine Geschichten zur Verfügung, wenn es um Werbung in Radio- und Fernsehsendungen ging.

 

Ab 2012 machten sich gesundheitliche Probleme bemerkbar, die Ludwig anfangs zwar noch eigenwillig ignorierte, ihm aber immer mehr Schwierigkeiten bereiteten, bis ein Arztbesuch nicht mehr zu verschieben war. Seit Jahresbeginn 2013 verließen ihn die Kräfte zusehends.

 

Nach einem kurzen Krankenhausbesuch Anfang März startete er am Donnerstag, den 21. März, in sein letztes Rennen auf Erden. Nach Gottes Willen hat er die Ziellinie um 17.00 Uhr erreicht.

 

Ludwig liebte seine Familie, sein Leben, sein Heimattal – und da ganz besonders: sein Mittelberg.